300er Brevet

      300er Brevet

      Hallo zusammen!

      Es ist geschafft - und wir waren es auch.
      Nachdem wir vor zwei Wochen das "kleine" [url=http://www.bromptonauten.de/phorum3/read.php?1,9963]200er Brevet mit Bromptons[/url] absolviert hatten, war am ersten Maiwochenende nun das 300er an der Reihe.

      Dabei waren Gero, bereits mit reichlich Langstreckenerfahrung auf seinem AM und ich mit dem alten AM7, das ich eigentlich nur für längere Ausfahrten nutze und sonst oft zum Brommi greife.

      Dass schon 200km hart sind, hatten wir bereits "erfahren" - die Hoffnung war jedoch, mit dem AM besser gerüstet zu sein.
      Besser abgestufte Gänge, bequeme Federung und vor allem mehr Geschwindigkeit bei den zahlreichen Abfahrten sind Faktoren, wo das AM einfach mehr zu bieten hat.

      Die Strecke war schön, aber auch anspruchsvoll. Von Brühl bei Köln in Richtung Bergisches Land über Altenberg, Lüdenscheid, Wiehl, Betzdorf, Siegburg und Bonn zurück nach Brühl führte der Weg.
      Lediglich die letzten 100km waren nahezu flach an Sieg und Rhein entlang.

      Gestartet wurde um 7 Uhr in der Frühe. Späteste Ankunft im Zeitlimit war 3 Uhr Nachts des Folgetages.
      Dazwischen lagen zahlreiche Anstiege, wundervolle Aussichten des Bergischen Landes und der Eifel, Rasante Abfahrten und alle 50-80km eine Kontrollstelle an Tankstellen, wo es Zeit und Stempel gab.

      Die Räder steckten das ohne Murren weg. Einzig wir Fahrer waren bei Beginn der Dämmerung im Siegtal endlich froh, die ärgsten Steigungen hinter uns zu wissen.

      Die letzten 50km entlang des Siegtales war Dunkelheit, Erschöpfung und zeitweiser Nieselregen unser Begleiter. Bei dieser abzusehenden Nachtfahrt hat sich der von Jürgen kurzfristig gelieferte SONdelux bestens bewährt und mir zuverlässig per Cyo den Weg geleuchtet.
      Ich bin froh, jetzt auf den alten Sanyo verzichten zu können - auch wenn es hier verschiedene Meinungen gibt: Ich ziehe den SON gerne Akkus vor, weil er einfach schön ist und immer funktioniert.

      Nach Siegburg war dann Endspurt angesagt. Nur noch knapp 2 Stunden bis Brühl und dem ersehnten Ende des Brevets.

      Dort gab es dann Schnittchen und einen interessiert verdutzten Organisator, der es "besser als Fernsehen" fand, uns beim Verstauen der zwei AMs in einem Smart-Kofferraum zuzuschauen.

      Das Fazit?
      Anstrengend, aber auch schön. Das AM ist einfach ein geniales System als Zerlege-, Reise- und Rennrad. Wieder eine kleine Liste von Verbesserungen im Kopf. Der uralte 7er Cluster muss einfach mal was modernem weichen und der Lenker vielleicht einen Tick höher für meine Größe bei der Strecke.

      Nochmal? Vielleicht. Das 400er schwebt schon über dem Kalender...

      Gruß, Christian
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      Parts falling off my bicycle are of the finest English craftsmanship.

      Re: 300er Brevet

      Es ist schon erstaunlich, wie gut so ein menschlicher Körper so eine "Tortour" wegsteckt. Am Morgen nach den 200km waren die Verspannungen im Schulterbereich schon weg, das "Auftanken" der Oberschenkelmuskulatur hat noch einen Tag länger gedauert. Bei den 300km war das anders - doch dazu später mehr.

      Die 300km dann mit dem AM zu fahren war eigentlich ein vollkommen natürlicher Vorgang: Zum einen haben wir uns ja schon mit den Bromptons bewiesen, daß es auf den Laufraddurchmesser nicht ankommt und zum anderen wollte ich auf so einer langen Strecke auf die Annehmlichkeiten von Federung und einen Rennlenker nicht verzichten. Apropos außergewöhnliches Gefährt: Bei den 200km waren unter den ca. 90 Teilnehmern ein Tandem, mehrere Liegeräder und ein paar Trekkingräder mit am Start. Der Rest waren alles Rennräder bzw. Randonneure. Bei den 300km hat sich das Starterfeld schon um geschätzte 50% ausgedünnt und es waren nur noch zwei Liegeräder und ein Quest Velomobil dabei. (welches die 300km übrigens in brutto 10 Stunden geschafft hatte - 30er Schnitt *inklusive* Pausen) Ein bisschen aufmerksame Blicke haben sie schon auf sich gezogen, unsere AMs, aber ein Randonneur macht sich über andersartige Fahrräder nicht lustig, sondern sieht sie als gleichwertige Teilnehmer an. Man hatte fast den Eindruck, Moultons wären da durchaus normal und man kennt sie. Sehr angenehm, diese Randonneure.

      Und dann ging es schon los. War bei mir bei den 200km das erste Mal bei 50km eine Art von Erschöpfung zu spüren, war es diesmal schon die doppelte Strecke, bei der ich dachte, heute schon etwas geleistet zu haben. Die 50km wurden einfach so 'runtergespult, als ob es zum Bäcker um die Ecke ginge. Im weiteren Verlauf fuhren wir über wunderschöne kleine Sträßchen im bergischen und oberbergischen Land. Über Mittag, als die Sonne richtig schön zu wärmen begann, wünschten wir uns auf einem normalen Fahrradausflug zu sein - da hätten wir dann bestimmt eine Stunde lang faul auf der Wiese gepicknickt. Aber wir hatten ja ein Ziel und wie wir vom letzten Mal wussten, reaktiviert sich ein "angeruhter" Muskel nur ungern. Also keine zu langen Pausen und fleißig weiter über die hügelige Strecke gekurbelt. Aber irgendwann stellt sich doch Müdigkeit ein - ich habe es daran gemerkt, dass bei Steigungen die Geschwindigkeit mehr und mehr einbrach und die Ritzel hinten nicht groß genug sein konnten. Aber das sich vor-Anstiegen-fürchten hatten wir glaube ich schon bei den 200km verloren. Man kurbelt halt hoch und freut sich wenn man's bergab laufen lassen kann. Irgendwann begann es dann doch zu regnen und damit begann die Zeit des dauernden Ausziehens-Anziehens, schön im Takt der Berge und nur eingeschränkt durch die aktuelle Niederschlagsmenge. Später dann verschwand die Sonne und es wurde klar, dass wir nun einen kompletten Tag im Sattel verbracht haben:

      Morgens die Anfahrt im Zug mit den Resten des Tanz in den Mai, dann ein bisschen später Rennradfahrer auf dem Weg zum Startpunkt ihrer RTF und noch ein bisschen später die Moppedfahrer die es dann auch aus dem Bett geschafft hatten. Dann waren die Grillsportfreunde am Wegesrand bei der Vorbereitung eines späten Mittagessens abwechselnd mit Wandersleuten und mit den Freunden der samstäglichen Autolackpflege zu bewundern. All das kam so langsam zum Erliegen, als wir dann so um Abenddämmerung gefühlt alleine auf der Straße waren. Das Licht wird angemacht und da man im immer dunkler werdenden Umgebung eh nichts mehr sieht, beginnt das meditative Strampeln in der nächtlichen Ebene. Nur ab und an unterbrochen durch einen Ort oder eine kleine Ansteigung ging es weiter und weiter. Irgendwann spürt man die Zeit nicht mehr, sondern nur noch ein dahingleiten über den Asphalt. Ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den Tacho geschaut, es war dunkel und außerdem hatte er sowieso seine Mitarbeit eingestellt. Irgendwann erreichten wir mir bekanntes Gebiet und ab da fand ich es zäh: Ich wusste wo wir sind und es ging mir nicht schnell genug zum Ziel. Wir waren langsam, aber zum schneller fahren fehlt einfach die Kraft, die auch durch leichtverdauliche Kohlehydrate nicht mehr wiederkommen mag. Die Müsli-Riegel waren alle und ausserdem steht einem irgendwann der Sinn nach herzhaftem. Trockene Brötchen und Salzstangen mit süßer Limo waren da gefragt. Erstaunlich, wie man in einer solchen Situation sich sowas als ideale Mahlzeit vorstellt und auch noch mit Begeisterung ißt. Aber es ging weiter durch die Nacht und die Menschen auf den Straßen wurden weniger und weniger. Kein Wunder, mittlerweile war es ja auch schon so spät, dass die Kneipen schon wieder zumachten. Nach 19,5 Stunden kamen wir um 1:30 wieder in Brühl an, was für einen knappen 20er Schnitt (netto) gereicht hat.

      Die letzten 30km waren für mich die längsten der Rundfahrt, auch deshalb weil mein Hintern mehr und mehr eine anständige Sitzfläche forderte. Vielleicht sollte ich doch mal den Brompton-Sattel ans AM schrauben. Erstaunlicherweise hatte ich keinen steifen Nacken oder eingeschlafene Hände wie beim Brompton. So ein Rennbügel hat also doch seine Berechtigung oder die bereits gefahrenen 200km haben eine Wirkung entfaltet. Zumindest bei der Oberschenkelmuskulatur kann ich das definitiv sagen: die 300km haben die einfach so weggesteckt. Bei den 200 waren sie noch arg überrascht und brauchten zwei Tage um wieder voll da zu sein.

      Der Reiz an den 400km wäre für mich, den anbrechenden Tag im Sattel mitzuerleben. Damit wäre dann der Kreisschluß perfekt.
      Schaun mer mal, wie der Kaiser zu sagen pflegte...

      Gruss,

      Gero

      Re: 300er Brevet

      Hallo Ihr Zwei!

      Ich habe das Projekt ja schon vorher etwas mitbekommen und ziehe vor Eurer LEistung echt den Hut. Ihr habt ja noch nicht erwähnt, oder ich habe es überlesen, das da noch 3 000 Höhenmeter mit dabei waren. Und das u.a. mit dem AM7!
      Sehr gut kann ich mich an heftige Steigungen und erinnern die ich etwas müde und unterzuckert hochgekrochen bin, wobei meine weitesten Touren mit dem Moulton bislang unter 200 km geblieben sind.

      Ich war an diesem Tag nur abends zum Feuerwerk mit dem Fahrrad unterwegs, ansonsten ganz Familienvater. Leider ist das schon seit geraumer Zeit die einzigste Anwendung für mein Fahrradlicht, was ja der Gero ersatzhalber ausgeliehen hatt. Somit wurde aus meinem großen Lampenbestand schnell was improvisiert.

      Tja, ich wäre gerne mitgefahren, 200 würd eich mir noch zutrauen, wobei ich die Eifelrunden mit den 120 km schon ganz schön knackig finde, weil ich eben nicht viel Zeit zum Radlen finden kann.

      Wenn es noch mehr Bilder gibt kann mir derChristian die gerne schicken, ich stell die gerne rein.

      Bis bald, beste Grpüße und herzlichen Glückwunsch ! Jürgen Seidel

      Re: 300er Brevet

      Hi Jürgen!

      Bilder habe ich leider nicht wirklich viele.
      Zum Fotografieren hatte ich diesmal einfach keinen Nerv. Man hat bei jedem Stop ja auch an sich zu denken (Nahrung, Pullern etc.).

      Nur das Foto war am Ende eines recht knackigen Anstiegs in absolut schöner, bäuerlicher Landschaft und einfach ein Klasse Panorama. Da habe ich mir mal die paar Minuten genommen.

      200 und 300km sind eigentlich kein Problem.
      Man muss ja nicht rasen und muss immer vor Augen haben, wie viel man noch schaffen muss bei den Anstiegen.

      Nur das Setup sollte stimmen, also man darf einfach nicht wegen unpassender Kleidung oder sonstigen Unbequemlichkeiten ausgebremst werden.

      Und die Gruppe hilft. Alleine hätte mich sicherlich das ein oder andere Mal der Mut verlassen. So kann man sich etwas austauschen, sich vor dem Verfahren bewahren (oder auch nicht) und motiviert sich gegenseitig.

      Ist eine wirklich tolle Erfahrung.
      Ich melde mich mal per Mail bei Dir wegen ein paar Teilen...

      Gruß, Christian
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