Hallo zusammen,
hier mal ein Bericht über ein gut benutztes AM7 das in ca. 15 Jahren ungefähr 50.000 km gefahren wurde. Dabei wurden div. Touren mit großem Gepäckträger gefahren, Streusalz im Winter und sehr häufige Bahnmitnahme. Das Rad kam hier orginalgetreu an, hat vorne und hinten einwandfrei gefedert, insbesondere die Gabel lief sehr sehr gut. Es wurde in der Zeit mal die Kette getauscht und die neue geölt (!), Reifen montiert, Schläuche geflickt usw. und nach ca. 40 tkm Schutzbleche angebracht. Ansonsten wurde an dem Rad nichts, oder praktisch nichts gewartet. Angeblich hat ein Händler mal die Gabel gemacht, dazu später mehr.
Schaltung hat auch funktioniert, da ohne Rasterung, konnte man alles Gänge schalten, jedoch ist das natürlich kein Vergleich zu modernen STI Hebeln, etc.
Also kurzum, es solte das getauscht werden was nötig ist, sowie ein Loch im Rahmen zugeschweisst werden (oder wie auch immer mit Metall zumachen) zu dem ich gleich noch einiges mehr erzählen werde.
Der Kunde ist begeisterter Moultoneer, fährt eben nur dieses eine Rad, auch über Stock und Stein und hat es zum Benutzen, d.h. zum Fahren für den Alltag, Touren usw. (nicht nur zum Kuscheln ! :mrgreen: ). Sehr sympatisch!
Geht man mal von einer 20er Schnitt aus ist er 2500 Stunden mit dem Rad gefahren, also 2500 Stunden Spass mit dem Teil gehabt. Wer hier mal einen Stundensatz anlegen möchte und durchrechnet wie preiswert schön eigentlich also AM Fahrrad fahren ist kann das gerne einmal tun!
Bilder vom verschlissenen Hinterrad (ich finde das sieht eigentlich noch wirklich gut aus! )




(das zum Thema Haltbarkeit von AM Felgen!)
So, nun zu dem Loch.
Erst habe ich das ganze Projekt abgelehnt, weil ich so Sachen nicht selber machen kann und damit auch noch keine großen Erfahrungen habe. Wenn das Rohr weggebrannt wäre, was dann ? Ich kann zwar ganz gut subtraktiv Metallformen, aber Schweissen in der höheren Form etc. ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. Und es war klar, das hier muss jemand machen der es wirklich kann, der ohne Rumzuprobieren das auf Anhieb sofort fachgerecht hinbekommt. Der Kunde war bereit das Risiko einzugehen, nun stand nichts mehr im Wege.
Das Loch kam folgendermassen zustande:
Mein Kunde hat das Rad irgendwie über einen Händler bekommen der heute nicht mehr existiert und der auch in der Szene nicht wirklich bekannt ist. Der hat das vermutlich als Bausatz gekauft und war nicht in der Lage die Kettenlinie auch nur halbwegs fachgerecht einzustellen. Ist mir ein Rätsel, aber es kommt immer mal wieder vor das Framekitsräder hier eintrudeln, die nicht teilbar sind, weil keine Zugtrenner montier wurden und die Kunden "auch irgendwie nie richtig verstanden haben wie man das Rad denn eigentlich teilen könnte". :mrgreen:
Ok, also die Kette hat immer gerappelt ist oft hinuntergefallen und war wahrscheinlich auch sehr lange viel zu lang und ohne richtige Spannung, jedenfalls wurde das nächstliegende Rohr recht viel strapaziert.
Ein Fahrradkumpel hat dann dem Besitzer noch den "Tipp" gegeben das Kettenrad so dicht nach innen zu setzten das die Kette nicht mehr dazwischen fallen kann und bei der heftigen Überfährt eines Bahngleises ist die Kette dann doch voll dazwischengerummst und hat den schon gut dünngeschliffen Rahmen an der Stelle durchschlagen, durchsäbelt, was auch immer. Jedenfalls sah es dann so aus:



Man muss dazu sagen das dies vor ca. 10 Jahren passiert ist, mit Klebeband abgedichtet wurde und letztlich der Rahmen auch so wahrscheinlich auch noch Jahrzehnte ohne Probleme fahren würde. Aber eben im Zuge eine Komplettsanierung stand das auch an oberster Stelle.
Also, wurde erstmal nur daran gedacht das Kettenrad zu erneuern plus Bremmsgummis, Kette, Kleinkram machen (Tretlager nicht, war noch ok, Ritzel waren auf den ersten Blick auch noch ok, Dämpfer tauschen (war nicht eingerissen, auch noch "ok") usw.
Sonst noch Gabel zerlegen, Züge tauschen, Laufrad testen und evtl. neu einstellen usw...
Mein Kunde meinte noch das das Laufrad hinten etwas Spiel habe, seitlich, könnte er sich nicht erklären. Gut, das fuhr eigenlich ok, beim Versuch die Konen zu lösen habe ich jedoch gemerkt das er ca. 20tkm mit einer gebrochenen Achse gefahren ist. Der Schnellspanner hat das alles fixiert, war sooo gesehen eben fahrbar.
Nun war klar, das es eben doch nicht ganz so einfach werden wird. Eigentlich wollte er auch STI Hebel und so haben wir also den gesammten Antriebstrang inkl. Laufrad gewechslt. Dabei sollte eben ungefähr die gleiche Entfaltung herauskommen wie vorher.
Ich habe den Rahmen an der Stelle eben gesäubert, angeschmirgelt, das Rad zum Werkzeugmacher gebracht (fährt ein TSR mit Schlumpf), der wollte das in den nächsten Tagen erledigen. (Er macht so recht viel Musterbau und Werkzeugformenbau für die Top Adressen in der Branche, baut schon mal so zum Spass funktionsfähige Sternmodellbaumotoren oder auch ein Stirlingmotor der in ein Überraschungsei passt...
Letzter Entwurf ist die fahrende Bierkiste mit einem 125er Viertakter, glaube Doppelquerlenker vorne, ich kenn mich nicht ganz genau damit aus....).
Nach 2-4 Besuchen (2x war er nicht da ;-)) und div. Telefonaten und seinem bevorstehendem Urlaub ("ich steh hier jeden Tag von 6:00 bis nachts um halb zwei, ...argh.. komm jetzt machen wir das Ding halt fertig") hat es es dann auch wirklich und wahrhaftig geschweisst. Ich stand daneben, -- es war mehr Sekundensache als Minutensache, brssst, brsst... dann meinte er noch, soo da machste jetzt nichts mehr dran.
Es wurde WIG geschweisst, selbst der Anschlag für die Zugtülle dicht neben an hat nichts an problematischer Wärme abbekommen, am Tretlager konnte man nur noch erahnen das da irgendwo was erwärmt worden war. Klasse, so hatte ich mir das gewünscht.
Hier die Schweissstelle:


Nun gut, also habe ich es noch Rostschutz grundiert, versucht die Orginalfarbe zu bekommen, eben die Sachen erledigt die zu tun waren und das Rad kann nun die nächsten 15 Jahre fahren.
Zwei Sachen konnte auf die Schnelle noch nicht gemacht werden, das wurde so erstmal "fixiert" und wird in der nächsten Wintersaison erledigt, da der Kunde das Rad jetzt benutzen will und diese Operation einfach noch was länger dauert, weil das über noch ein paar andere Ecken geht. Darüber kann ich dann auch noch mal was berichten, vorher nach zu fragen ist zwecklos, es lag letzlich auch am nicht fachgerechten Aufbau und fehlender Wartung,
Was dann noch kam war eben das Übliche, ... den zweiten Zugtrenner einzubauen - ist immer etwas forschungsintensiv, weil man irgendwie nie die Parameter vorfindet die man schon mal hatte. Es geht natürlich immer, auch richtig gut, aber man benötigt für das lustige Teile zusammen suchen und umbauen meist recht viel Zeit. Gebel zerlegen, wo noch das Orginalfett drin war ;-)) und wieder zusammenbauen, Teile konnten erstmal alle so bleiben wie sie waren, Feder war nicht ausgeleiert, Gleitstück hat nicht geklemmt (Nylon), Reibeplättchen waren ok.... (Die handelsübliche moderne Federgabel soll mir mal einer zeigen die das mitmacht, jawohl das kann man wohl mal laut sagen !
Das Rad ist wieder schön, der Rahmen steif wie am ersten Tag und ich freue mich sehr das ich ein so langlebiges Produkt guten Gewissen wieder auf die "nächste Reise" schicken kann.
Hier das fertige Rad:




Qualität zahlt sich eben doch aus, alleine schon deshalb, weil es Spass macht es zu entwerfen, es zu bauen, es zu benutzen, es zu zeigen, es zu reparieren, es zu bezahlen und es wieder zu benutzen!
Ich hoffe Euch hat meine kleine Exkursion auch etwas Spass gemacht,...
Viele Grüße Jürgen Seidel
hier mal ein Bericht über ein gut benutztes AM7 das in ca. 15 Jahren ungefähr 50.000 km gefahren wurde. Dabei wurden div. Touren mit großem Gepäckträger gefahren, Streusalz im Winter und sehr häufige Bahnmitnahme. Das Rad kam hier orginalgetreu an, hat vorne und hinten einwandfrei gefedert, insbesondere die Gabel lief sehr sehr gut. Es wurde in der Zeit mal die Kette getauscht und die neue geölt (!), Reifen montiert, Schläuche geflickt usw. und nach ca. 40 tkm Schutzbleche angebracht. Ansonsten wurde an dem Rad nichts, oder praktisch nichts gewartet. Angeblich hat ein Händler mal die Gabel gemacht, dazu später mehr.
Schaltung hat auch funktioniert, da ohne Rasterung, konnte man alles Gänge schalten, jedoch ist das natürlich kein Vergleich zu modernen STI Hebeln, etc.
Also kurzum, es solte das getauscht werden was nötig ist, sowie ein Loch im Rahmen zugeschweisst werden (oder wie auch immer mit Metall zumachen) zu dem ich gleich noch einiges mehr erzählen werde.
Der Kunde ist begeisterter Moultoneer, fährt eben nur dieses eine Rad, auch über Stock und Stein und hat es zum Benutzen, d.h. zum Fahren für den Alltag, Touren usw. (nicht nur zum Kuscheln ! :mrgreen: ). Sehr sympatisch!
Geht man mal von einer 20er Schnitt aus ist er 2500 Stunden mit dem Rad gefahren, also 2500 Stunden Spass mit dem Teil gehabt. Wer hier mal einen Stundensatz anlegen möchte und durchrechnet wie preiswert schön eigentlich also AM Fahrrad fahren ist kann das gerne einmal tun!
Bilder vom verschlissenen Hinterrad (ich finde das sieht eigentlich noch wirklich gut aus! )
(das zum Thema Haltbarkeit von AM Felgen!)
So, nun zu dem Loch.
Erst habe ich das ganze Projekt abgelehnt, weil ich so Sachen nicht selber machen kann und damit auch noch keine großen Erfahrungen habe. Wenn das Rohr weggebrannt wäre, was dann ? Ich kann zwar ganz gut subtraktiv Metallformen, aber Schweissen in der höheren Form etc. ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. Und es war klar, das hier muss jemand machen der es wirklich kann, der ohne Rumzuprobieren das auf Anhieb sofort fachgerecht hinbekommt. Der Kunde war bereit das Risiko einzugehen, nun stand nichts mehr im Wege.
Das Loch kam folgendermassen zustande:
Mein Kunde hat das Rad irgendwie über einen Händler bekommen der heute nicht mehr existiert und der auch in der Szene nicht wirklich bekannt ist. Der hat das vermutlich als Bausatz gekauft und war nicht in der Lage die Kettenlinie auch nur halbwegs fachgerecht einzustellen. Ist mir ein Rätsel, aber es kommt immer mal wieder vor das Framekitsräder hier eintrudeln, die nicht teilbar sind, weil keine Zugtrenner montier wurden und die Kunden "auch irgendwie nie richtig verstanden haben wie man das Rad denn eigentlich teilen könnte". :mrgreen:
Ok, also die Kette hat immer gerappelt ist oft hinuntergefallen und war wahrscheinlich auch sehr lange viel zu lang und ohne richtige Spannung, jedenfalls wurde das nächstliegende Rohr recht viel strapaziert.
Ein Fahrradkumpel hat dann dem Besitzer noch den "Tipp" gegeben das Kettenrad so dicht nach innen zu setzten das die Kette nicht mehr dazwischen fallen kann und bei der heftigen Überfährt eines Bahngleises ist die Kette dann doch voll dazwischengerummst und hat den schon gut dünngeschliffen Rahmen an der Stelle durchschlagen, durchsäbelt, was auch immer. Jedenfalls sah es dann so aus:
Man muss dazu sagen das dies vor ca. 10 Jahren passiert ist, mit Klebeband abgedichtet wurde und letztlich der Rahmen auch so wahrscheinlich auch noch Jahrzehnte ohne Probleme fahren würde. Aber eben im Zuge eine Komplettsanierung stand das auch an oberster Stelle.
Also, wurde erstmal nur daran gedacht das Kettenrad zu erneuern plus Bremmsgummis, Kette, Kleinkram machen (Tretlager nicht, war noch ok, Ritzel waren auf den ersten Blick auch noch ok, Dämpfer tauschen (war nicht eingerissen, auch noch "ok") usw.
Sonst noch Gabel zerlegen, Züge tauschen, Laufrad testen und evtl. neu einstellen usw...
Mein Kunde meinte noch das das Laufrad hinten etwas Spiel habe, seitlich, könnte er sich nicht erklären. Gut, das fuhr eigenlich ok, beim Versuch die Konen zu lösen habe ich jedoch gemerkt das er ca. 20tkm mit einer gebrochenen Achse gefahren ist. Der Schnellspanner hat das alles fixiert, war sooo gesehen eben fahrbar.
Nun war klar, das es eben doch nicht ganz so einfach werden wird. Eigentlich wollte er auch STI Hebel und so haben wir also den gesammten Antriebstrang inkl. Laufrad gewechslt. Dabei sollte eben ungefähr die gleiche Entfaltung herauskommen wie vorher.
Ich habe den Rahmen an der Stelle eben gesäubert, angeschmirgelt, das Rad zum Werkzeugmacher gebracht (fährt ein TSR mit Schlumpf), der wollte das in den nächsten Tagen erledigen. (Er macht so recht viel Musterbau und Werkzeugformenbau für die Top Adressen in der Branche, baut schon mal so zum Spass funktionsfähige Sternmodellbaumotoren oder auch ein Stirlingmotor der in ein Überraschungsei passt...

Nach 2-4 Besuchen (2x war er nicht da ;-)) und div. Telefonaten und seinem bevorstehendem Urlaub ("ich steh hier jeden Tag von 6:00 bis nachts um halb zwei, ...argh.. komm jetzt machen wir das Ding halt fertig") hat es es dann auch wirklich und wahrhaftig geschweisst. Ich stand daneben, -- es war mehr Sekundensache als Minutensache, brssst, brsst... dann meinte er noch, soo da machste jetzt nichts mehr dran.
Es wurde WIG geschweisst, selbst der Anschlag für die Zugtülle dicht neben an hat nichts an problematischer Wärme abbekommen, am Tretlager konnte man nur noch erahnen das da irgendwo was erwärmt worden war. Klasse, so hatte ich mir das gewünscht.
Hier die Schweissstelle:
Nun gut, also habe ich es noch Rostschutz grundiert, versucht die Orginalfarbe zu bekommen, eben die Sachen erledigt die zu tun waren und das Rad kann nun die nächsten 15 Jahre fahren.
Zwei Sachen konnte auf die Schnelle noch nicht gemacht werden, das wurde so erstmal "fixiert" und wird in der nächsten Wintersaison erledigt, da der Kunde das Rad jetzt benutzen will und diese Operation einfach noch was länger dauert, weil das über noch ein paar andere Ecken geht. Darüber kann ich dann auch noch mal was berichten, vorher nach zu fragen ist zwecklos, es lag letzlich auch am nicht fachgerechten Aufbau und fehlender Wartung,
Was dann noch kam war eben das Übliche, ... den zweiten Zugtrenner einzubauen - ist immer etwas forschungsintensiv, weil man irgendwie nie die Parameter vorfindet die man schon mal hatte. Es geht natürlich immer, auch richtig gut, aber man benötigt für das lustige Teile zusammen suchen und umbauen meist recht viel Zeit. Gebel zerlegen, wo noch das Orginalfett drin war ;-)) und wieder zusammenbauen, Teile konnten erstmal alle so bleiben wie sie waren, Feder war nicht ausgeleiert, Gleitstück hat nicht geklemmt (Nylon), Reibeplättchen waren ok.... (Die handelsübliche moderne Federgabel soll mir mal einer zeigen die das mitmacht, jawohl das kann man wohl mal laut sagen !
Das Rad ist wieder schön, der Rahmen steif wie am ersten Tag und ich freue mich sehr das ich ein so langlebiges Produkt guten Gewissen wieder auf die "nächste Reise" schicken kann.
Hier das fertige Rad:
Qualität zahlt sich eben doch aus, alleine schon deshalb, weil es Spass macht es zu entwerfen, es zu bauen, es zu benutzen, es zu zeigen, es zu reparieren, es zu bezahlen und es wieder zu benutzen!
Ich hoffe Euch hat meine kleine Exkursion auch etwas Spass gemacht,...
Viele Grüße Jürgen Seidel